Alu-Falle Kosmetik

Verfasst von Bert Ehgartner. Veröffentlicht in Alu-Fallen

Als im Oktober 2012 die erste Auflage von Bert Ehgartners Buch „Dirty Little Secret – Die Akte Aluminium“ erschienen ist, musste man in Drogeriemärkten noch recht lange suchen, um Deos bzw. Antitranspirantien ohne Aluminium zu finden. Das hat sich überraschend schnell geändert. Einige Kosmetikkonzerne haben auf das ständige Nachfragen ihrer Kunden nach alu-freien Deos oder auf kritische Kommentare im Internet reagiert. Die Mehrzahl steuert aber noch immer vehement in die Gegenrichtung. Etwa der holländisch-britische Konzern Unilever. Der Kosmetik-Riese will nun sogar die Aufschrift "ohne Aluminium" auf Deos über Druck seiner Lobbyisten in der EU verbieten lassen.

 


Der Kampf der Konzerne

Manche Firmen versuchen es mit einer Gegenoffensive. Eine besonders freche Entwarnung lieferte der deutsche Beiersdorf-Konzern, welcher die Produktlinie „Nivea“ vertreibt, die nach eigener Aussage „weltweit größte Hautpflegemarke“. Hier enthalten zahlreiche Produkte Alu-Verbindungen, auch die bekannte Hautcreme in der runden blauen Dose.

Auf der Webseite des Konzerns wurden „Aktuelle Fragen“ aufgeworfen[i]. Gleich die erste Frage lautete: „Sind Aluminiumverbindungen in Hautpflegeprodukten gefährlich?“

In vier Absätzen wurde die Frage von der Pressestelle des Konzerns ganz eindeutig beantwortet: Nie und nimmer! – Die Textbausteine, welche die Beiersdorf-Pressestelle in ihren Ausführungen zu Aluminium verwendete, findet man fast wortgleich auf zahlreichen Industriewebseiten – und auch in Ausführungen von diversen Aluminiumfachleuten, welche nahen Kontakt zur Alu-Lobby pflegen.

In diesen Argumenten fällt auf, dass es immer die anderen Bereiche sind, welche deutlich mehr Aluminium verwenden bzw. enthalten. Ständig wird auf die hohen Mengen verwiesen, die angeblich in Lebensmitteln vorkommen. Bei diesen Unmengen an Aluminium, die wir essen – so die Argumentation – braucht man sich über Kosmetikprodukte gar keine Sorgen mehr zu machen.

Der erste Absatz des Beiersdorf-Statements lautet:

 „Aluminiumsalze sind Bestandteil unserer täglichen Nahrung. Sie sind zum Beispiel in Obst, Gemüse, Getreide, Fleisch, sowie unserem Trinkwasser enthalten.“

Bei solchen Sätzen hat man beinahe das Bedürfnis, in den Drogeriemarkt zu gehen und sich Aluminiumpulver als Nahrungsergänzung einzukaufen, um nur ja keinen Mangel zu erleiden. In Wahrheit findet man einen derart suggerierten „natürlichen Aluminiumgehalt“ in den allermeisten Lebensmitteln nicht – außer natürlich sie sind kontaminiert. Und nicht einmal die eingefleischtesten Alu-Lobbyisten, mit denen ich im Zuge meiner Recherchen gesprochen habe, würden öffentlich behaupten, dass Aluminium unproblematisch für die Gesundheit ist.

 

Aluminium - ganz natürlich?

Im Meer, wo das Leben seinen Ursprung nahm,  ist – abgesehen vom Mündungsbereich belasteter Flüsse – sogar heute noch die Aluminiumkonzentration oft unter der Nachweisgrenze. Für die allermeisten Pflanzen und ausnahmslos alle Tiere ist Aluminium toxisch. Bis heute kennt man – vom kleinsten Bakterium bis zum Menschen – keinen einzigen biochemischen Mechanismus, in dem Aluminium eine sinnvolle Rolle spielt. Dafür sind mittlerweile mehr als 200 Mechanismen bekannt, bei denen sich Aluminium-Ionen irgendwo in den Körper einbauen und Schaden anrichten.[ii]

Einige der Argumente, die auf der Webseite von Beiersdorf genannt wurden, sind eindeutig falsch, z. B. diese Aussage:

„Bei den in Kosmetika verwendeten Stoffen handelt es sich meist um unlösliche Aluminiumverbindungen mit entsprechender vernachlässigbarer Bioverfügbarkeit von Aluminium, das heißt eine Anreicherung im Gewebe ist ausgeschlossen.“

Dass eine Anreicherung im Gewebe ausgeschlossen werden kann, ist eine reichlich mutige Ansage, für die jegliche Beweise fehlen. Bereits kurze Zeit nach dem Auftragen von Alu-Verbindungen können diese nämlich im Blut nachgewiesen werden. Eine ganze Reihe von Untersuchungen zeigen, dass Aluminium sich sehr wohl z. B. in den Knochen, im Brustgewebe oder im Gehirn anreichern kann.

Ebenso falsch ist auch diese Behauptung:

 „Der Vorwurf, durch Verwendung von aluminiumhaltigen Kosmetika würde sich das Risiko erhöhen, an Brustkrebs oder Alzheimer zu erkranken, gilt als widerlegt.“

Auf welche Belege sich die Pressestelle des Unternehmens hier bezieht, wird ebenso wenig genannt wie eine Methode, mit der ein Risiko als „widerlegt“ dargestellt werden kann. Das ist nämlich beinahe noch schwieriger als das Gegenteil: ein Risiko zu beweisen.

 

Aluminium als Krankheitsauslöser

Tatsache ist, dass die konkrete Verursacherrolle von Aluminium als Auslöser von Krankheiten bisher erst in wenigen Fällen eindeutig bewiesen werden konnte. So wurden alu-haltige Arzneimittel, welche Nierenkranken verabreicht wurden, als Verursacher der so genannten Dialysedemenz überführt. Und zwar z. B. dadurch, dass diese Krankheit nicht mehr auftrat, nachdem die Medikamente verboten wurden. Mit ähnlichen Methoden wurde Aluminium als Auslöser von Anämie und Knochenerweichung überführt.

Doch bei anderen Krankheiten, welche sich bei den betroffenen Menschen über einen Zeitraum vieler Jahre entwickeln – wie z. B. Brustkrebs oder die Alzheimer-Krankheit – ist die Beweisführung ungleich schwieriger. Zum einen, weil im Leben die wenigsten Krankheiten monokausal verursacht werden, sondern immer mehrere Einflüsse zusammen wirken (z. B: Umweltfaktoren, genetischer Hintergrund). Zum zweiten, weil es im Bereich der Ursachenforschung bei Aluminium kaum öffentliche Förderungsmittel gibt und Kosmetik-, Pharma- oder Lebensmittelindustrie, welche Alu-Verbindungen einsetzen, verständlicherweise kein großes Interesse daran haben, in diesem Bereich selbstständig aktiv zu werden.

Doch es gibt unzählige Indizien, welche eine Rolle von Aluminium in der Entstehung dieser Krankheiten nahelegen. Am Beispiel der Alzheimer-Krankheit bezeichnen es zunehmend auch führende Experten als Fehler, dass die Forschung zu Aluminium auf Betreiben der Lobbys mehr oder weniger eingestellt worden ist. Christopher Exley führt mehr als zwanzig Krankheiten[iii] an, welche mit dem schädlichen Einfluss von Aluminium assoziiert sind bzw. bei denen dieser Zusammenhang bereits bewiesen wurde.

 

Wo bleibt das Prinzip der Vorsicht?

Solange die Sicherheit der Alu-Verbindungen nicht erwiesen ist, sollte das Prinzip der Vorsicht gelten und die bekannt toxischen Chemikalien nicht in sensiblen Bereichen des Lebens eingesetzt werden.

Verantwortungsvolle Kosmetikkonzerne könnten sich diesem Prinzip ja ebenfalls anschließen. Und vielleicht gehört ja auch Beiersdorf dazu. Denn mittlerweile wurde der Text von der Webseite genommen und eine aluminiumfreie Produktlinie von Nivea verstärkt beworben.

 

Andere Konzerne wiederum pfeifen sich gar nichts und werben sogar mit der Extraportion Alu. Beispielsweise der Konzern Unilever mit seiner Marke Rexona. Auf seiner Webseite[iv] verspricht Rexona „Maximalen Deo Schutz“ mit „Maximum Protection“. Und das wird folgendermaßen begründet:

„Leistungsstarke Schweißhemmung durch den Einsatz eines Aluminium-Zirkoniumsalz Wirkstoffes in besonders hoher Dosierung. Aluminium-Zirkoniumsalze zeigen eine stärkere Wirkung gegen Achselnässe als herkömmlich in Deodorants verwendete Aluminiumsalze.“

Das klingt ja schon mal beruhigend. Auf einer eigenen Informationsseite[v] gibt es nähere Informationen zum Einsatz von Aluminiumsalzen in Rexona-Produkten. Da heißt es, dass in den Medien vermehrt über „einige Studien“ berichtet wurde, welche „einen Zusammenhang zwischen dem Aluminium in Anti-Transpirantien bzw. Deodorants und Brustkrebs herstellen wollten“. Das sei aber Unfug, denn „es versichern Krebsexperten, Wohltätigkeitsorganisationen und Gesundheitsbehörden – darunter die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA), dass keine überzeugenden wissenschaftlichen Beweise existieren.“

Sorgen über die Sicherheit der Aluminiumsalze seien vollständig unnötig, versichert Unilever: „Selbstverständlich können Anti-Transpirantien über lange Zeit und für einen täglichen Gebrauch angewendet werden.“

Etwas im Magen liegt den Unilever-Mitarbeitern hingegen der Trend, dass immer mehr Konkurrenz-Deos „alufrei“ oder „ohne Aluminium“ auf ihre Produkte schreiben.

In der Angelegenheit wurden anscheinend auch gleich die Lobbyisten der Kosmetikindustrie in der EU mobilisiert. Denn es heißt weiter:

„Die EU erwägt jedoch derzeit die Einführung neuer Richtlinien, die den Gebrauch der ‚ohne …‘-Auslobungen auf Körperpflegeprodukten einschränken. Hintergrund ist, dass einige ‚ohne …‘-Auslobungen Konsumenten glauben lassen könnten, der aufgeführte Inhaltsstoff könne schädlich sein, obwohl er als sicher eingestuft und für die Verwendung in Kosmetikprodukten zugelassen ist.“

Nach dem Wunsch von Unilever soll also die Bezeichnung „alufrei“ eingeschränkt oder verboten werden. Das erklärt wohl auch, warum es von Seiten des Konzerns bisher noch keine positive Reaktion auf unsere Petition[vi] gegeben hat, die bis zum Redaktionsschluss dieses Buches von fast 23.000 Menschen unterschrieben worden ist. In dieser Petition an den Kosmetikkonzern geht es allerdings um die genau gegenteilige Forderung: dass Unilever auf seinen Produkten nämlich die Art und die Menge des Aluminiums deklarieren soll, so wie auf Zigarettenpackungen die Menge von Nikotin und Teer deklariert wird.

In der EU dafür einzutreten, dass die Bezeichnung „alufrei“ abgeschafft wird, ist natürlich eine besonders originelle und kundenfreundliche Gegenreaktion.

Wir werden sehen, welche „Konsumentenschutzpolitik“ sich am Markt als nachhaltiger erweisen wird.

 

Ist die Haut neutral oder sauer?

Hat die Haut ein eher saures Milieu oder liegt ihr pH-Wert in einem neutralen Bereich? Über diese Frage gingen die Meinungen lange auseinander. In der Literatur wird eine große Bandbreite genannt. Schließlich schufen einige groß angelegte Arbeiten Klarheit. Die beste und umfassendste stammt von einem holländischen Team.[i] Dafür wurden 330 Personen aus verschiedenen Ländern einer Messung der Haut am Unterarm unterzogen. Dabei zeigte sich, dass der pH-Wert von Menschen zwischen einem pH-Wert von 4 bis 5 mit einem Mittelwert bei pH 4,7 und damit deutlich im sauren Bereich liegt.

Die Verwirrung in früheren Messungen war dadurch entstanden, dass das Duschen und Waschen mit Leitungswasser, das einen pH-Wert von 7 bis 8 erreichen kann, den pH-Wert der Haut beeinflusst und nach oben verschiebt. Allerdings nur für wenige Stunden. Dann regelt sich die Haut von selbst wieder in den sauren Bereich zurück.

Die Haut hat also einen Säureschutzmantel. Dieser bietet der darauf existierenden Bakterienflora – und damit auch der Haut selbst – die besten Lebensbedingungen. Wenn sich der pH-Wert in den alkalischen Bereich verschiebt, kommt es zur Auflösung der symbiontischen Gemeinschaft der Mikroben auf der Haut. Die Folgen sind ein Verlust der Feuchteregulierung und der natürlichen Barrierefunktion. Es kommt zur Bildung von Schuppen und Verkrustungen sowie zur  Begünstigung von Hautkrankheiten. Probleme mit der Haut sind also häufig auf den Verlust des Säureschutzmantels zurückzuführen. Erstes Ziel muss es deshalb sein, der Haut die Selbstregulierung wieder zu überlassen und ein allzu intensives Wasch- oder Kosmetikprogramm auszusetzen. Dann kehrt auch die Hautgesundheit meist wieder zurück.

Wenn Aluminiumverbindungen mit Kosmetikprodukten auf gesunde Haut aufgetragen werden, finden sie also ein saures Milieu vor. Dies erhöht das Risiko, dass sich Aluminium-Ionen lösen und in die Haut übergehen. Sie können dafür beispielsweise die auf der Haut zahlreich vorhandenen Natriumionen von ihren Plätzen verdrängen und deren Position einnehmen. Sie können Schweißdrüsen besiedeln und sich entlang der Haarwurzeln ausbreiten. Es gibt unzählige weitere Möglichkeiten, wie Aluminium über die Haut ins Gewebe gelangen kann; begünstigt auch durch das vorherrschende saure Milieu.

Die Kosmetikverordnung lässt die so genannten Metallsalze (z. B. Aluminiumchloride) als Adstringens, als schweißhemmende Komponente, Desodorierungs- und Desinfektionsmittel zu. Sie wirken als Antitranspirantien und haben die Aufgabe die Poren abzudichten, um zu verhindern, dass Schweiß an die Oberfläche kommt. In der Kosmetikfachliteratur ist nicht mehr von Antitranspirantien, sondern von Antiperspirantien die Rede. Die Schweißabgabe soll also nicht mehr verhindert, sondern nur verringert werden. „Mit Aluminiumsalzen werden dagegen die Drüsenausgänge verschlossen“, schreiben Heinz Knieriemen und Paul Silas Pfyl in ihrem kritischen Kosmetik-Ratgeber.[i] „Wo sie auf die Schweißkanäle stoßen, setzen sie entzündliche Prozesse in Gang, in deren Folge die Schweißdrüsenöffnungen schwellen und so den normalen Schweißabfluss unterbinden. Der Schweiß wird also weitergebildet, kann aber nicht mehr aus der Haut austreten. Eine Achsel oder ein Intimbereich wird durch Alusalze höchst anfällig für den Befall von Viren und Pilzen.“

Und im Kursbuch Kosmetik[ii] heißt es: „Zubereitungen auf der Basis von Aluminiumkomplexen sind höchstens einmal täglich zu verwenden, da die Schweißdrüsen bei lang anhaltendem Gebrauch beschädigt werden können.“

 

Übersicht: Aluminiumverbindungen in Kosmetikprodukten

Die Übersicht der Aluminiumverbindungen in Kosmetikprodukten ist nur für Al-ex Mitglieder zugänglich!

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[ii] Kawahara M, Kato-Negishi M „Link between Aluminum and the Pathogenesis of Alzheimerʼs Disease: The Integration of the Aluminum and Amyloid Cascade Hypotheses“ International Journal of Alzheimer’s Disease 2011; Article ID 276393

[iii] Christopher Exley „Aluminium and Medicine“ in: „Molecular and Supramolecular Bioinorganic Chemistry“, Herausgeber: ALR Merce et al., Nova Science Publishers, 2008

[iv] www.rexona.de (abgerufen am 24. Juli 2013)

[vi] https://www.change.org/de/Petitionen/unilever-kl%C3%A4ren-sie-%C3%BCber-aluminium-im-dove-deo-auf#share

 [i] Lambers H et al. „NaturalskinsurfacepHis on average below 5, which is beneficial for its resident flora“ Int J Cosmet Sci 2006; 28(5): S. 359–371

[i] Heinz Knieriemen und Paul Silas Pfyl „Kosmetik-Inhaltsstoffe von A bis Z“ AT Verlag 2005

[ii] Rita Stiens „Kursbuch Kosmetik“ Südwest Verlag 1998

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